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Marketing-Strategie
02.06.2022
Der Mid Funnel ist der inhaltliche Connect und Performancehebel zwischen Marken-Awareness-Aufbau und Lower Funnel Conversion geworden
Von Jürgen Rösger und Aaron Herbst
Der Mid Funnel ist zunehmend der Ort, an dem die Brücke von Produkt-Anreiz zu Kauf geschlagen wird.
Sobald wir heute den Kauf eines simplen weißen T-Shirts in Betracht ziehen, bricht eine Flut an Informationen und Auswahlmöglichkeiten auf uns ein. Wir werden online dutzende Artikel über das perfekte T-Shirt finden, Content von Fashion-Influencern, die „beraten“ und Rankings aufstellen, Marken - die uns von ihrem Produkt überzeugen wollen, Online Händler - die mit Rabatten und Gutscheinen locken, Online Mode-Magazine - die Empfehlungen aussprechen usw.
Kurz zusammengenfasst ist der Mid Funnel zunehmend der Ort, in dem die Brücke von einem oberflächlichen Marken-/Produkt-Anreiz zum tatsächlichen Kauf eines Produktes/Services geschlagen wird.
Gehen wir zurück zu dem Beispiel mit dem Kaufvorhaben eines weißen T-Shirts. Abhängig von unserer bisherigen Exposure, d. h. z. B. davon, ob wir vielleicht schon eine absolute Standardmarke für weiße T-Shirts haben, die uns im Abonnement beliefert, reagieren wir auf einen Trigger (wie z. B. den morgendlichen Blick in den Kleiderschrank) und starten einen Rechercheprozess.
Sobald wir mit der Online-Recherche beginnen, bekommen wir zahlreiche Botschaften und Informationen über Marken, Online Händler, Influencer, Mode-Magazine, Bewertungsportale etc. Im Mid Funnel erkunden wir diese Opportunitäten und bewerten ob sie für uns in Frage kommen.
Dabei unterscheiden wir zwischen dem eher emotional geprägten beschnuppern und der rational getriggerten Bewertung. Der potentielle Kunde springt zwischen den beiden Phasen immer wieder hin und her, bis er schließlich eine Kaufentscheidung trifft.
Nach dem Kauf beginnt die eigentliche Experience und somit die Chance, den nächsten Kaufprozess durch den Beweis der eigenen Produkt-, Service- und Experience Qualität nachhaltig zu beeinflussen und gleichzeitig Triggerpunkte für Up- und Cross-Sell innerhalb der Nutzungs-Exposure zu setzen. (siehe auch: Impact der Experience auf die Marke)
1. Hilfe bei der Informationsverdichtung
Der Interessent hat ein konkretes Kaufinteresse, Bedürfnis oder eine Fragestellung zu denen er jeweils vertiefende Angebote, Inhalte und Erfahrungen auch anderer sucht.
2. Aufzeigen von Optionen und Möglichkeiten
Über die vielfältigen inhaltlichen Impulse sucht und bekommt der Interessent immer weitere neue Insights und Perspektiven. Durch diese „moments of research“ können die Entscheidungsprioritäten immer wieder neu sortiert, der Prozeß der Exploration und Evaluation immer wieder neu angeschoben werden. Die gefühlte Entscheidungssicherheit steigt.
3. Gewichtung der Inhalte
„Digitales Verkaufsgespräch“ In einer permanenten Abfolge von Abwägungen emotionaler und sachlicher Argumente zu Themen wie Preis/Leistung, soziale Wahrnehmung und Zugehörigkeit, Zukunftssicherheit oder Nachhaltigkeit findet so etwas wie ein „digitales Verkaufsgespräch“ zwischen dem Interessenten und dem Anbieter statt.
4. Entscheidungsvorbereitung
Der schlussendliche Versuch des Konsumenten auf Basis der emotionalen und sachlichen Impulse zu einer Kaufentscheidung zu kommen.
Eigentlich ist es ganz einfach. Der Entscheidungsprozess pendelt permanent zwischen emotionalen Impulsen und rationalen Kriterien hin und her. Ein nicht enden wollendes Ping-Pong zwischen rechter und linker Gehirnhälfte, zwischen Emotio und Ratio. Und dabei geht es um die finalisierende Abwägung von Themen wie:
Dabei beeinflussen permanent neue „moments of research“ die Entscheidungsprioritäten während des Kaufentscheidungsprozesses. Das heißt der Entscheidungsprozess wird ständig durch neue Research-Impulse wieder und wieder neu beeinflusst.
Google Australien hat in einer mit 250.000 kurz vor einer Kaufentscheidung stehender Probanden eine der größten Studien zu diesem Thema durchgeführt und ist dabei zu sehr eindrucksvollen Ergebnissen gekommen.
Konsumenten werden im Schnitt von ungefähr 300 unterschiedlichen, z.T. tiefenpsychologischen Entscheidungs- und Verhaltensprinzipien beeinflusst.
Die Handlungsfelder an sich sind isoliert betrachtet nichts Neues. Den entscheidenden Unterschied macht die datenbasierte und dadurch individualisierbare Orchestrierung im Mid Funnel. Die zielgruppen- bzw. situativspezifische Ausspielung und Kombinatorik der Handlungsfelder machen es zu einem extrem mächtigen Marketing-Instrument.
Verknüpft mit Echtzeit-Wettbewerbs-Analyse-Werkzeugen ist man als Anbieter in der Lage, kontextrelevant die Angebote zu optimieren. Das bedeutet zu verstehen, in welchem Kontext potentielle Käufer das Produkt erfahren sollten, um möglichst positiv darauf zu reagieren.
Der Mid Funnel macht das Zusammenspiel von Brand Maßnahmen und Performance Maßnahmen schwer zu steuern und es müssen gezielt Maßnahmen im Mid Funnel ergriffen werden, um den Kunden auf dem Weg zum Kauf nicht zu verlieren.
Marken müssen deshalb neue Wege gehen, um den Kunden im entscheidenden Mid Funnel Bereich für sich zu gewinnen. Denn hier wird die Kaufentscheidung des Kunden getroffen und hier lauert auch die Konkurrenz, Preisvergleichsseiten, Influencer etc., die den Kunden überzeugen wollen.
Dies ist eine gekürzte Fassung des gleichnamigen Artikels aus dem C/DXE-Forschungsprojekt der Universität Mannheim und der Interactive Marketing Group. Die Vollversion gibt es hier.